Tora! Tora! Tora!

Der Trainer für Fortgeschrittene, wie die AT-6 auch oft genannt wird, ist, ob im Original oder Modell, nach wie vor eine Augenweide. Als Modell ist das Flugzeug bei etlichen Herstellern meist in mehreren Größen im Programm. Wir widmen uns in diesem Testbericht der AT-6 von Hobbyfly mit 1.830 Millimeter Spannweite, Einziehfahrwerk und rund vier Kilogramm Abfluggewicht. Inzwischen ist es ja üblich, nicht mehr nur mit dem Slogan ARF zu werben, sondern eine markante Prozentangabe soll zusätzlich verdeutlichen, dass das Flugzeug in Nullkommanix fertigzustellen ist. Bei der AT-6 von Black-Horse-Model im Vertrieb von Hobbyfly spricht man in diesem Zusammenhang von immerhin 95 Prozent. Alles dran Einen erheblichen Anteil bei der raschen Fertigstellung des Modells hat sicherlich der sauber gebaute, großvolumige, ovale Rumpf in konventioneller Holzbauweise. Bis auf Leitwerk, Motor und die noch anzubringenden Aufkleber ist hier bereits alles von fremden Händen fertiggestellt. So ist zum Beispiel der Stützring zur Befestigung der Motor­haube passend montiert und dunkelgrau lackiert und ein erstes Aufschieben der rot-silbern-karierten Motorhaube zeigt, dass die jeweiligen Durchmesser genau zueinander passen. Ein wahres Schmankerl ist das doppelsitzige Cock­pit mit einem Zwillingspaar Piloten in Tandemanordnung sowie doppelter Instrumentierung. Die exakt aufgebrachte, lackierte Kabinenhaube ist nicht mit störenden Schrauben befestigt, sondern ordentlich verklebt. Höhen- und Seitenleitwerk werden im Moment noch nicht mit dem Rumpf verbunden, sondern lediglich einer Begut­achtung unterzogen. Die beplankten, profilierten Dämpfungs­flächen sind leicht und stabil aufgebaut und blasenfrei be­­spannt. Zieht man die aus Vollmaterial hergestellten, aber mit großen Aussparungen versehenen Ruder von den Dämpfungsflächen ab, bleiben überraschenderweise sämtliche Vliesscharniere in den Rudern stecken und sind hierin auch nicht zu bewegen. Das bedeutet: für diesen Part kann die Flasche mit dem Sekundenkleber verschlossen bleiben. Und da die Ruder bei Auslieferung passend angeschlagen waren, müssen auch die Positionen der zugehörigen Schlitze in den Dämpfungsflächen stimmen. Zufrieden über den „zügigen Baufortschritt“ wandern Rumpf und Leitwerk vorerst in eine ruhige Ecke des Werkraums. Dreiteilig Die mit einem NACA 2415-ähnlichen Profil aufgebaute Tragfläche besteht aus dem rechteckigen Mittelstück mit Fahrwerksaufnahme und den beiden Außenflügeln, jeweils mit Querruder und Landeklappen ausgestattet. Die Biege­kräfte nimmt ein kräftiges Alurohr auf, das spielfrei in Papp­röhren steckt. Zwischen Mittelstück und Außenflügel ist mit Hilfe einer speziell geformten Zwischenrippe der markante Wulst entlang des Profils gut dargestellt. Wie nicht anders zu erwarten, lassen sich die Bauteile ohne Anpas­sungs­ar­­beiten leicht und exakt passend zusammenschieben. Nach dem Motto „das Beste immer zum Schluss“, geht es bei der Fertigstellung der Tragfläche zuerst an die beiden Außenflügel, bevor das Mittelstück mit Fahrwerk und pneumatischer Steuerung auf die Werkbank kommt. Wie schon beim Leitwerk, so müssen auch bei der Tragfläche Querruder und Landeklappen nur noch einseitig verklebt werden. Die Ruderhörner sind schnell in den verstärkten Aufnahmen montiert und die insgesamt vier Standardservos auf den Servoab­­deckungen verschraubt. Mit den eingelegten Fäden oder einem Stück Draht lassen sich die Servostecker leicht zu den Wurzel­rippen ziehen, um dort mit dem Empfänger zwecks Ein­­stellung der Nullposition und Drehrichtung Kontakt aufzunehmen. Nach dem Anpassen der kräftigen Schubstangen und dem Aufbringen der großen Schriftzüge wandern auch diese Bauteile zu Rumpf und Leitwerk in die Warteposition. Rein und raus Eine AT-6 ohne Einziehfahrwerk geht gar nicht. Daher liegt dem Bausatz ein gefedertes, pneumatisches Einziehfahrwerk mit sämtlichem Zubehör bei. Spätestens jetzt fragt sich jedoch der informierte Modellbauer, wie das alles zu einem Preis von mittlerweile gerade einmal 229,- Euro möglich ist. Wer jetzt ein Fahrwerkssystem in hoher Jet-Qualität erwartet, wird natürlich enttäuscht sein. Die hier verwendete Mechanik fährt zwar einwandfrei ein und aus, hat aber in den Endstellungen doch etwas Spiel und zwar in alle Richtungen. Auch gehören die leichtgewichtigen Räder nicht zu den Spitzenprodukten und eiern leicht auf den Achsen. Jedoch davon ausgehend, dass es sich hier um ein Modellflugzeug mit weit unter fünf Kilogramm Abflug­ge­­wicht handelt, wird das Fahrwerk bei pfleglicher Behan­d­lung trotz alledem lange Zeit seinen Dienst verrichten. Die Luftschläuche sind an den beiden Zylindern angeschlossen und werden zur Flügelmitte geführt. Jetzt können die Mechaniken in die jeweiligen Tragflächen­hal­terungen eingesetzt und mit 3 × 15 Millimeter (mm) Holzschrauben befestigt werden. Während dieser Prozedur sind die Fahrwerksbeine noch nicht montiert, weil sie später noch genau ausgerichtet werden müssen. Und hierbei schwindelt die in Englisch verfasste Bedie­nungs­anleitung etwas. Da die Mechaniken nicht quer zur Flugrichtung eingebaut sind, sondern in einem Winkel von zirka 17 Grad zur Tragflächenvorderkante, müssen die Beine um diesen Wert verdreht montiert sein. Dadurch verschwinden die Räder in eingefahrenem Zustand dann aber nicht mehr, wie auf den Abbildungen gezeigt, plan in den Radkästen, sondern liegen schräg darin. Dies ist nicht ganz so glücklich gelöst, da hierdurch keine Möglichkeit besteht, die Räder und damit die Beine tiefer einfahren zu lassen. Das wäre jedoch notwendig, sollen die beiliegenden Fahrwerksabdeckungen Verwendung finden und in eingefahrenem Zustand des Fahrwerks die Schächte vernünftig verschließen. Luftgesteuert Die pneumatische Steuereinrichtung besteht aus dem Servo-Steuerventil, einem Rückschlagventil, drei T-Steck­verbindern und dem Drucktank. Dabei muss das Steuer­ventil mit Ansteuerung in dem kleinen Ausschnitt in der Tragflächenmitte untergebracht werden. Um mit dem vorhandenen Raumangebot nicht zu verschwenderisch umzugehen, wird der Servoanschluss des Steuerventils etwas modifiziert und zwar in einer geradlinigen, axialen Ansteuerung durch ein kleines HS 81-Servo. Lässt sich der Kolben jetzt leichtgängig in dem Steuer­zy­­linder bewegen, erfolgt der Anschluss der insgesamt vier Schlauchverbindungen von den Fahrwerkmechaniken an die T-Steckverbinder. Gerade diese kräftigen T-Stücke machen sich im Bereich des Tragflächenmittelstücks doch ganz schön breit, sodass die Frage aufkommt, warum für dieses relativ leichte Flugmodell nicht ein Einwegesystem, bei dem das Fahrwerk mit Luft einfährt und über Federkraft ausfährt, Verwendung fand. Hierbei ist nur je eine Luft­leitung zu den Mechaniken notwendig – das spart Platz. Lufttank, Einwegeventil und „Betankungsanschluss“ haben im Rumpf dagegen ausreichend Platz. Der 250 Milliliter große Luftbehälter wird auf einer Raupe Silikon auf dem vorhandenen Lagerbrett mit zwei Kabelbindern festgeschnallt. Über den dritten T-Steckverbinder geht es zum Einwegeventil und weiter zum Außenbordanschluss in Form eines 4 Millimeter Festo-Anschlusses. Ist die Fahrwerksleitung der Tragfläche angeschlossen, kann hierüber nunmehr der Tank mit Hilfe einer Fahrrad-Luftpumpe mit Manometer auf etwa sechs bar „aufgefüllt“ werden. Fester Halt Mit 1.830 Millimeter Spannweite wäre die Tragfläche auch noch leicht in einem Stück zu transportieren. Schöner ist es jedoch, den Rumpf mit montiertem Mittelstück und ausgefahrenem Fahrwerk in den Kombi zu schieben und auf dem Flugplatz lediglich die Außenflügel anzustecken. Zur Arretierung der trapezförmigen Flügelteile auf dem Alurohr sind zwei stark auftragende 3 × 40 mm Schrauben mit großem Senkkopf vorgesehen. Eleganter sieht das Ganze aus, wenn man M3-Inbusschrauben verwendet und deren Köpfe etwas konisch anschleift. In das Alurohr wird nach dem Zusammenstecken an den entsprechenden Stellen ein 2,5-mm-Loch gebohrt und anschließend mit einem Gewindeschneider oder einer Schraube das Gewinde eingedreht. Der schwarze Kopf der Schraube fällt später nur noch bei genauem Hinsehen auf. Die ­profilierten Zwischenrippen hat der Autor übrigens mit dem Mittelstück dauerhaft verklebt, wodurch sich kein Kraftstofföl zwischen die Verbindung setzen kann. Viertakt-Sound Als Antrieb ist ein 61er-Zweitakter oder ein 91er-Viertakter vorgesehen. Da bei solchen Maschinen der Sound eine große Rolle spielt, wird ein 15 Kubikzentimeter OS MAX Surpass II-P vom Konservierungsöl befreit und mit einem Abstand von 130 mm Kopfspant zu Propellermitnehmer auf den beiden Motorträgern befestigt. Der Rumpf befindet sich inzwischen in senkrechter Position mit Kopfspant oben am Werktisch hängend, sodass Motor samt Träger auf dem Brandschott abgestellt werden können. Die ­wunderbar lackierte Motorhaube mit eingebauter Stern­motorattrappe wird nun aufgeschoben, fixiert und dann der Motor genau ausgerichtet. Cowling abziehen, Be­­festigungslöcher markieren, bohren und Antrieb festschrauben – fertig. Ist alles am richtigen Platz, erhält die Motorhaube noch die entsprechenden Ausschnitte für Auspuff, Düsennadelverstellung und Glühkerzenzugang. Um die Kühlung muss man sich im Übrigen keine Ge­­danken machen – der ringförmige Spalt zwischen Motor­haube und Rumpf sorgt für eine Art Venturi-Effekt und zieht quasi die Warmluft aus dem Motorraum. Was noch fehlt Mit angeschraubter Tragfläche wird der Rumpf in einen Schaumstoff ummantelten Lagerbock gelegt. Erst jetzt erfolgt die Anpassung des Leitwerks. Gibt das Seiten­leitwerk in puncto Passgenauigkeit keinen Grund zur Beanstandung, so verlangen die Auflagen für das Höhen­leitwerk doch etwas Nacharbeit, damit es hier zu keinen Verspannungen kommt. Die Verklebung von Höhen- und Seitenleitwerk erfolgt in einem Arbeitsgang mit angedicktem Epoxy. Wichtig vor der endgültigen Fixierung des Leitwerks ist das Peilen über Tragfläche und Leitwerk, um keinen Verzug einzubauen. Nach der Trocknungsphase geht es weiter mit der In­­stallation des restlichen RC-Equipments. Insgesamt acht Servos sind für das Modell notwendig: 4 × Tragfläche, 2 × Leitwerk, je 1 × Drossel und Fahrwerk. Im Zeitalter der 2,4-Gigahertz-Technik kommt natürlich nur ein System mit Kurzantenne in Frage. Will man keine V-Kabel verwenden und sollen die Servos einzeln einstellbar sein, ist ein Achtkanalempfänger notwendig. Mit dem Sender T8FG von robbe sind sämtliche Ruderausschläge in kurzer Zeit eingestellt und die AT-6, bis auf Feststellung des Schwerpunkts und der EWD, fertig zum Erstflug. Kurze Schnauze Zwar ist das Rumpfteil vor der Tragfläche recht kurz, trotzdem ist der Schwerpunkt – dank des leichten Hecks ohne Bleizugabe – nur mit einem 2s-LiPo mit 2.000 Milliam­pere­stunden Kapazität im Rumpf einstellbar. Als Span­nungs­reduzierer und zur Überwachung der Stromversorgung wird der bewährte Digi-Switch von PowerBox-Systems eingesetzt. Baut man ihn genau in den unteren, horizontalen Balken der aufgeklebten Zwei auf der Rumpfseitenwand ein, fällt der Schalter kaum noch auf. Ausbildungsflug Die Dichtigkeit des Tanks ist überprüft, der Bordakku geladen und das Wetter spielt auch mit – also ab zum Erstflug. Auf unebenem Untergrund muss man beim Rollen etwas aufpassen, damit die AT-6 nicht auf die Nase geht. An­­­sonsten ist der Tiefdecker wahrlich ein Trainer. Zwar nicht anfängertauglich, doch jeder, der ein Dreiachsmodell sicher beherrscht, wird mit der AT-6 von Hobbyfly keinerlei Pro­­ble­me bekommen. Mit den angegebenen Ruderausschlägen rea­giert das Modell ruhig, aber direkt auf die Steuereingaben und lässt sich dank des kräftigen Viertakters sicher durch sämt­liche Figuren fliegen. Die Landeklappen wirken sehr gut, so­­dass mit moderater Geschwindigkeit aufgesetzt werden kann. Lediglich bei kräftigem Seitenwind sollte man das Modell im Endanflug nicht zu langsam machen, da sonst die im Lee liegende Tragfläche zum Strömungsabriss neigt.