Sharon Profi X-4200

Wer Sharon hört, denkt sofort an das bekannte und erfolgreiche F3J-Modell. Jahrelang hat das Voll-GFK-Modell die Wettbewerbsszene dominiert und es bietet noch heute vielen Freizeitpiloten große Erfolgserlebnisse beim thermischen Fliegen, sowohl am Hang als auch in der Ebene. Nach der Übernahme der Sharon-Familie durch die Firma Valenta hat man sich dazu entschlossen, den mittlerweile in die Jahre gekommenen F3Jler weiter zu entwickeln, und zwar weniger für den Wettbewerbspiloten, als vielmehr für den ambitionierten Freizeitpiloten. Der Schwerpunkt liegt dabei im Thermikflug, wobei auch die für den Flugspaß notwendige Dynamik nicht zu kurz kommen soll. In einem ersten Schritt wurde ein geräumigerer Rumpf ­entwickelt. Dieser bietet nun auch die Möglichkeit, den Sharon komfortabel mit einem Elektroantrieb auszustatten. Doch die Entwicklung geht noch weiter. Es folgten größere Außenflügel, die den Sharon auf eine Spannweite von 4.200 Millimeter (mm) wachsen lassen, der Sharon Profi X-4200 war geboren. So wurde die Sharon-Familie immer weiter vergrößert und mittlerweile gibt es eine fast unüberschaubare Anzahl von Versionen: Vom dünnen Wettbe­werbsrumpf und Fläche mit 3.500 mm Spannweite und V-Leitwerk über die Standardgröße mit 3.700 mm Spann­weite und Kreuzleitwerk bis hin zum Elektrorumpf und Fläche mit 4.200 mm Spannweite. Und dann wären da noch die Versionen CFK-D-Box und Voll-CFK sowie etliche unterschiedliche Farben, aus denen man auswählen kann. Bei dieser Variantenvielfalt mach es durchaus Sinn, seine Wünsche und Anforderungen an den Vertreiber – in diesem Fall Jürgen Schmierer aus Stuttgart – zu formulieren und so gemeinsam das optimal passende Familienmit­glied herauszusuchen. Bei mir waren die Anforderungen klar: Es sollte ein thermikstarkes Elektrosegelflugzeug für den Einsatz am Hang werden, wo es gerne auch mal etwas rauer zugeht. Heraus­gekommen ist ein Sharon 4200 in Carbon-D-Box mit zusätzlichen Störklappen. Die große Spannweite garantiert gute Sichtbarkeit auch über weite Strecken hinweg. Da das Modell für dynamischen Kunstflug, nicht aber für brachiale Sturzflüge ausgelegt ist, reicht von der Stabilität her die D-Box-Version aus, was Gewicht und Geld spart. Die zusätzlichen Störklappen sind das Tribut an die recht kurzen Landefelder für den Einsatz im Gebirge. Alles drin Der Voll-GFK-Bausatz besteht aus dem Rumpf samt Haube und angeschlagenem Seitenruder, dem zweiteiligen Pendelhöhenruder und der dreiteiligen Tragfläche. Ein Satz Kleinteile und ein Übersichtsblatt mit den wichtigsten Angaben zum Modell vervollständigen den Lieferumfang. Die Oberflächenqualität und das Gewicht der Einzelteile sind von sehr guter Qualität und deutlich besser, als man dies standardmäßig von den Modellen von Valenta gewohnt ist. Dies liegt daran, dass nicht nur die Formen sondern auch die Mitarbeiter der früheren Produktionsfirma übernommen wurden, was zu einer Qualitätsverbesserung geführt hat. Allerdings spiegelt sich diese auch in einem höheren Preis wieder. Bei der eingehenden Begutachtung der Einzelteile erleben wir keine großen Überraschungen, alle Teile sind sauber lackiert und gefertigt und zudem noch relativ leicht geraten. Einzig die Trennnaht am Rumpf dürfte etwas schmaler ausfallen. Der Elektrorumpf kommt bereits mit abgetrennter Spitze und eingebauten Motorspant beim Kunden an. Zudem ist er an allen wichtigen Stellen entsprechend verstärkt. Der vordere Bereich ist komplett in GFK-AFK, also ohne CFK-Gewebe aufgebaut, lediglich zwei CFK-Rovingstränge verlaufen im unteren Rumpf. Auch die schwarze Haube ist in Glasfaserkunststoff gefertigt, was den Einsatz von 2,4-Gigahertz-Technologie stark vereinfacht, da die kurzen Antennen einfach im Rumpf verbleiben können. Das Seitenruder ist mittels Elasticflap angeschlagen, für die Anlenkung des Höhenleitwerks ist ein entsprechender Umlenkhebel eingebaut. Dass zur An­­lenkung der Leitwerke die Bowdenzüge bereits im Rumpf verlegt sind, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Der Rumpf bietet durch den großen Kabinenhauben­be­­reich einen guten Zugang zu den RC- und Antriebskom­po­nenten. Standardantriebe vom Schlage eines Kira-500/600 oder Hacker-B50 sind problemlos unterzubringen. Wer einen dicken Außenläufer einsetzen möchte, der muss wahrscheinlich den Motorspant etwas weiter nach hinten versetzen, da der Rumpf für einen Spinner­durchmesser von 40 mm ausgelegt ist. Das Höhen­leitwerk ist zweiteilig und wird seitlich an den Rumpf gesteckt. Es ist mit 111 Gramm (g) recht leicht geraten und die Steckung in Form eines CFK-Stabs bereits fertig eingebaut. Die Tragfläche ist dreiteilig aufgebaut und wird von oben auf den Rumpf aufgeschraubt. Vertiefungen für die elektrische Steckverbindung sind sowohl rumpfseitig als auch im Mittelstück ausgeformt und somit bestmöglich vorbereitet. Die Wölbklappen reichen bis dicht an den Rumpf heran, 370-mm-Störklappen sind ebenfalls eingebaut und mit Abdeckungen aus GFK versehen. Die Steckung zu den Außenflächen ist fertig erstellt, entsprechende Aus­sparungen für die Flächenservos sind vorhanden und mit CFK verstärkt. Die Tragflächenaußenohren sind mit einer zusätzlichen V-Form versehen und die Querruder gehen sehr weit nach außen, zudem glänzen sowohl Querruder als auch Wölbklappen mit bereits eingebauten GFK-Ruderhörnern. Während das Tragwerk oben weitgehend einfarbig und nur an den Randbögen mit Farbakzenten versehen ist, klotzt die Unterseite mit einem weithin gut sichtbaren Blockstreifendesign. Der Kleinteilesatz beinhaltet sämtliches Zubehör für die Ruderanlenkungen, die CFK-Steckverbinder für die Außenflächen sowie die Servoabdeckungen für die Flächenservos. Komponentenauswahl Bei der Servoauswahl haben wir uns für Digital-Servos aus dem Hause Graupner entschieden. Die DES-448BB kommen auf Querrudern, Wölbklappen, Höhen- und Seiten­ruder zum Einsatz, die kleineren DES-488BB sind für die Störklappen vorgesehen. Beide Servotypen sind mit Kugellager und Metallgetriebe ausgestattet und daher robust genug für den Alltagsbetrieb. Beim Antrieb wurde auf ein vorhandenes Triebwerk aus dem eigenen Bestand zurückgegriffen. Ein Hacker B50-10L mit 6,7:1 Getriebe in Verbindung mit einem 4s-LiPo mit 3.200 Milliamperestunden (mAh) ist für das Modell mit geschätzten 4.000 g Abfluggewicht zwar etwas überdimensioniert, aber zuviel Leistung hat bekanntlich ja noch nie geschadet. Für die Stromversorgung der Empfangs­anlage wurde der Kontronik Jive 80+ULV eingeplant. Sein BEC-System erlaubt zudem den parallelen Anschluss eines Empfängerakkus. Bau Bei den Tragflächen des Sharon sind lediglich die Flächen­servos und deren Anlenkungen einzubringen. Da die Ruder bereits ab Werk mit großflächig eingeklebten GFK-Ruderhörner ausgestattet sind, bleibt lediglich das Erstellen der Anlenkung mittels Messing-2,5-Gabelköpfen und Gewindestangen. Für die elektrische Verkabelung ist die Tragfläche gut vorbereitet. Als Übergang der Trag­flächen­außenohren zum Mittelteil sind entsprechende Vertiefungen für die sechspoligen Hochstrom-Steckverbinder eingebracht, zum Anschluss an den Rumpf sind Aussparungen in Rumpf und Tragwerk für eine 15-polige Sub-D-Steckverbindung integriert. Ein ­kleiner Knackpunkt zeigte sich bei der Anlenkung der ­Stör­klappen. Die Lage des Störklappenservos ist etwas unglücklich gewählt, sodass die Anlenkung derselben um das Wölbklappenservo herum erfolgen muss. Doch mit etwas Geschick lässt sich auch diese Hürde nehmen. Nachdem die GFK-Servoabdeckungen entsprechend angepasst und mittels Klebeband aufgebracht wurden, ist die Tragfläche fertiggestellt und es geht weiter mit dem Rumpfausbau. Um den Schwerpunkt bei Elektroseglern ohne Blei einzustellen, werden zuerst alle Komponenten eingebaut, deren Positionen im Rumpf fix vorgegeben sind. In unserem Fall ist dies der Antrieb in der Rumpf­schnauze mit Motor und Regler. Die beiden Rumpfservos zur Ansteuerung von Höhen- und Seitenruder sollen vorne im Rumpf eingebaut werden, entsprechende Bowdenzüge sind zwar bereits verlegt, jedoch sind die darin liegenden CFK-Stäbe so schwergängig, dass diese gegen entsprechend dünnere Stahldrähte ausgetauscht werden mussten. Dieses Problem ist nicht neu und es ist schade, dass der Hersteller dies bei seinen Modellen nicht in den Griff bekommt. Um den Einbau der Anlenkungen im hinteren Rumpf­bereich zu vereinfachen, ist unterhalb der Höhenleit­werks­anlenkung eine Öffnung im Rumpf eingebracht. So können die Anlenkungsdrähte bequem an die Ruder angeschlossen werden. Das Einkleben eines GFK-Ruderhorns in das per Elasticflap angeschlagene Seitenruder schließt den Bau am Rumpfende ab. Um die Position der restlichen Komponenten wie Rumpfservos, Antriebsakku und Empfänger festzulegen, bedarf es einer kleinen Trockenübung. Das Modell wird komplett zusammengebaut und dann auf der Schwer­punktwaage mit einer Schwerpunktlage von 97 mm eingestellt. Nun werden die Komponenten im Rumpf so positioniert, dass sich das Modell in der Waage hält. Dabei zeigte sich, dass Antriebs- und Empfängerakku weit hinten im Rumpf platziert werden müssen, um den Schwerpunkt einzuhalten. Daran ist wohl der Motor mit seinen 315 g nicht ganz unschuldig. Ein leichteres Triebwerk, etwa ein Kira-500 mit Getriebe, wäre für den Schwerpunkt ­deutlich vorteilhafter. Das Servobrett im Rumpfvorderteil nimmt in diesem Fall nur noch die beiden Servos auf, sowie den Digi-Switch als Schalter und Spannungsregler für den 2s-LiPo-Empfänger­akku. Nachdem auch noch der Neunkanalempfänger per Klettband im Rumpf befestigt und die Antennen verlegt wurden, kann das Einstellen der Ruderwege stattfinden. Dank der Angabe der Ausschlaggrößen ist dies schnell erfolgt und nach einem Reichweitentest findet dann auch gleich der Erstflug statt. Doch zuvor steht noch der obligatorische Gang zur Waage an. Da der Sharon Profi X-4200-Elektro auch oft am Hang und im Hochgebirge eingesetzt werden soll, ist die Unterschreitung der 5.000-g-Marke ein wichtiges Kriterium. Und tatsächlich, in der hier vorgestellten Version mit Störklappen, D-Box-Ausführung und 4s-­ Antrieb wird ein Fluggewicht von lediglich 4.105 g erreicht. Eingekreist Die ersten Flüge fanden bei schwachem Nordwind am Hang statt. Der Rumpf lässt sich gut greifen, entsprechend problemlos erfolgte der Handstart. Der Elektroantrieb befördert den Großsegler zügig nach oben und in 150 Meter (m) Höhe wird der Antrieb abgeschaltet und das Modell erst einmal ausgetrimmt, wobei es da nicht viel zu tun gibt. Mit den Wölbklappen in Neutralstellung ist der Sharon zügig unterwegs. Zu zügig, wie der anschließende Schwerpunkttest bestätigt. Die Ruderfolgsamkeit ist gut. Sehr gut sogar, wenn man die 4,2 m Spannweite bedenkt. Gerade auf Querruderausschläge reagiert das Modell sehr agil und leichtfüßig, was sehr von Vorteil ist, wenn man schnell in den Bart einkreisen muss. Das Kreisen selbst macht der Sharon fast von alleine, die Mehrfach-V-Form und die F3J-Gene spielen hier ihre Vorteile voll aus. Wird die Tragfläche etwas verwölbt, ist die Steigleistung bei jeder Schräglage hervorragend und falls notwendig, kreist der Sharon auch direkt auf der Flächenspitze. Bei der weiteren Optimierung der Schwerpunktlage haben wir diesen von 97 auf 102 mm zurück verlegt. Die Angabe in der Bauanleitung wurde scheinbar vom Sharon 3.7 übernommen und ist für die das Testmodell zu konservativ. Mit hinten liegenden Schwerpunkt zeigt der Sharon dann auch im gestreckten Gleitflug, was in ihm steckt. Zügiges Überwinden von Abwindfeldern, Abstiege aus großer Höhe und Kunstflugeinlagen mit drei Rollen am Stück machen den Sharon zum thermikstarken Allrounder in der Viermeterklasse. Beim Alpinurlaub in Kärnten wurde der Sharon so richtig rangenommen. Obwohl die langen Querruder etwas weich erschienen, haben wir sie nicht zum Flattern bringen können. Die Carbon-D-Box verhindert dies nachhaltig, wobei bei Sturzflügen aus vielen hundert Metern auch hier sicherlich einmal Schluss ist. Angesichts der geringen Masse kommt der Sharon Profi X-4200 erstaunlich gut mit Wind zurecht, er setzt sich gut dagegen durch und behält auch die Fahrt bei. Bei der Landung haben wir die Wahl, entweder nur die Störklappen ausfahren oder das volle Programm: Störklappen plus Butterfly. Diese Kombination macht Abstiege unter 45 Grad direkt auf dem Landepunkt möglich. So oder so, der Sharon bleibt dabei in jeder Lage sehr gut beherrschbar und gutmütig.