Gelandet: Hobbico startet Deutschland-Vertrieb

Seit Beginn des Jahres 2012 ist Revell ein Teil von Hobbico Inc., dem nach eigenen Angaben weltgrößten Anbieter von Modellbauprodukten. Und die „Liebesheirat“ zwischen der global denkenden US-Firma und den ebenfalls international erfolgreichen Ostwestfalen hat schon jetzt spürbare Auswirkungen auf die Modellflug-Szene. Denn ab sofort sind die ersten FlyZone- und Great Planes-Modelle sowie der beliebte Real Flight-Flugsimulator über das Revell-Fachhändlernetz erhältlich. Die meisten Modellbau-Interessierten kennen die Produkte, die Hobbico weltweit vertreibt. Ein umfassendes Programm von insgesamt 40 verschiedenen (Handels-)Marken hat der der amerikanische Branchenriese unter seinem Dach versammelt. Doch der Name Hobbico selbst ist hierzulande bislang nur Insidern ein Begriff. Bislang. Denn mit der Übernahme des Traditionsunternehmens Revell hat der Global Player aus Champaign, Illinois nun einen renommierten Brückenkopf in Deutschland. Wiedervereinigung Mit der Übernahme geht gleichzeitig eine Familien­zusammenführung einher. Denn bereits seit 2007 ist die kleine amerikanische Schwester des ostwestfälischen Unternehmens ein Teil der Hobbico-Gruppe. Dement­sprechend gab es bereits in den vergangenen Jahren spo­radische Kontakte zwischen Revell-Geschäftsführer Hans Ulrich Remfert und Hobbico-CEO Wayne Hemming, die im Sommer 2011 intensiviert wurden. „Wir bekamen von Beginn an das Gefühl einer Partnerschaft auf Augenhöhe, obwohl Revell natürlich eine Tochterfirma von Hobbico ist“, beschreibt Remfert seine ganz persönlichen trans­atlantischen Beziehungen. Das plant Hobbico „We are pleased to bring our industry-leading products to customers throughout Europe. Through our acquisition of Revell Germany and the establishment of a new division to represent our products in the RC hobby market, we are making a long-term commitment to providing our high quality product brands and exceptional service to customers in Europe. We also look forward to expansion of our ­product lines to include new products that are designed specifically for European customers." „Wir freuen uns, unsere Produkte nun auch auf dem ­europäischen Markt anbieten zu können. Mit der Übernahme von Revell Deutschland und dem Aufbau einer neuen Division, die dem Markt unsere RC-Hobby-Produkte präsentieren wird, setzen wir ein Signal, dass wir den europäischen Kunden unsere hochwertigen Produkte und unseren außergewöhnlichen Service langfristig an­­bieten werden. Wir freuen uns auch auf die Ausweitung unseres Sortiments um neue Produkte, die speziell für den europäischen Markt entwickelt werden.“ Im Gespräch mit Revell-Geschäftsführer Hans Ulrich Remfert US-Branchenriese übernimmt deutsche Traditionsfima. Eine Schlagzeile, die heutzutage natürlich längst keine Seltenheit mehr ist. Doch wo in der öffentlichen Debatte an dieser Stelle gerne Schlagworte wie Hedgefond oder Heuschrecke fallen, lohnt häufig ein zweiter und vor allem unaufgeregter Blick hinter die Kulissen. So auch im Falle von Hobbico und Revell. Seit Beginn des Jahres ist das ostwestfälische Unternehmen eine 100-prozentige Tochter des nach eigenen Angaben weltgrößten Anbieters von Modellbauprodukten, der in Champaign im amerikanischen Bundesstaat Illinois beheimatet ist. Was das für die deutsche RC-Szene bedeutet, darüber berichtet Revell-Geschäftsführer Hans Ulrich Remfert im Exklusiv-Interview mit der FlugModell-Redaktion. FlugModell: Wie ist es eigentlich, wenn eines Tages ein US-Unternehmen anruft, um einem den eigenen Laden abzukaufen? Hans Ulrich Remfert: Wenn es so flapsig gewesen wäre, dann hätte ich vermutlich eher zurückhaltend reagiert. Aber in der Realität ist es natürlich ganz anders gelaufen. Dann plaudern Sie doch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen. Wie ging der Deal denn über die Bühne? Da muss ich ein bisschen ausholen, denn die Geschichte beginnt eigentlich schon 2002, als wir – eine Gruppe von Privatinvestoren – die Revell-Gruppe weltweit übernommen haben. Und sie wird fortgesetzt mit der Trennung von Revell Europe in Bünde und Revell Inc. in Chicago im Jahre 2006. 2007 übernahm Hobbico dann letztendlich Revell Inc. in den USA. Hatten Sie danach auch schon selbst direkte Kontakte nach Champaign? Es gab erste Kontakte, um auszuloten, ob eine generelle Zusammenarbeit möglich ist, verbunden auch mit einem Besuch in Champaign. Aber damals war noch nicht absehbar, dass Hobbico eines Tages unser Unternehmen in Europa kaufen würde. Offensichtlich haben sich aber die Zeiten geändert. In der Tat. Und das auf beiden Seiten des Atlantiks. Hobbico suchte einen starken Partner in Europa, um hier stärker expandieren zu können. Und wir als Gesellschafter waren bereit, unser Unternehmen zu verkaufen. Allerdings unter Voraussetzung, den richtigen strategischen Partner zu finden, mit dem eine Weiterentwicklung auch des Unternehmens in Bünde möglich ist. Hedgefonds oder Heuschrecken wären jedenfalls nicht die richtigen Investoren für uns gewesen. Warum wollten Sie sich denn von einem Unternehmen trennen, in das Sie so viel Zeit, Energie und Herzblut gesteckt haben? Unter den Eigentümern herrschte Konsens darüber, dass wir das Unternehmen aus einer Position der Stärke mittelfristig verkaufen wollten. Diesen Zeitpunkt sahen wir durchaus erreicht, als Hobbico auf uns zukam. Dann waren im vergangenen Jahr vermutlich Heerscharen von Anwälten und Wirtschaftsprüfern am Zug? Nicht Heerscharen, aber natürlich hat Hobbico die notwendige Due Dilligence mit Anwälten, Wirtschaftsprüfern und eigenen Leuten aus Champaign professionell durchgeführt. Die dann nachfolgende Übernahme verstehe ich durchaus als Kompliment für unsere bis dahin geleistete Arbeit. Wie würden Sie denn das Auftreten der Hobbico-Mitarbeiter Ihnen gegenüber beschreiben. Feindliche Übernahme oder kollegiale Integration? Ohne Zweifel Letzteres. Wir bekamen von Beginn an das Gefühl einer Partnerschaft auf Augenhöhe, obwohl Revell natürlich eine Tochterfirma von Hobbico ist. Bislang haben wir durchweg sehr positive Erfahrungen mit unseren amerikanischen Kollegen gemacht. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Mentalität bei uns in Ostwestfalen und drüben in Champaign, Illinois durchaus vergleichbar ist. Hier wie dort sind die Menschen sehr pragmatisch, bodenständig und tendenziell eher zurückhaltend, last but not least professionell arbeitend. Neben dem bisherigen Kernsortiment Plastikmodellbau sind Sie erst relativ kurz im RC-Sektor aktiv. Gewissermaßen über Nacht fungieren sie nun als offizielle Deutschland-Vertretung eines Branchenriesen mit einer Vielzahl von begehrten Produkten. Eine große Herausforderung, oder? Der gesamte Bereich RC-Modellbau ist für Revell natürlich eine riesige Herausforderung, das war schon vor Hobbico so. Den Start machten wir im Jahr 2008 mit Revell Control, 2012 folgt nun Revellutions und Revell tecZone. Aber darin liegt auch der Reiz. Revell hat immer schon nach Möglichkeiten der Geschäftsausweitung gesucht; dann unter der Maßgabe, was passt zur Marke Revell. Wir sehen im RC-Bereich ein sehr gutes Potenzial für uns, wissen aber natürlich, dass ein professionelles Knowhow notwendig ist. Seit Einführung von Revell Control sind wir in einem ständigen Prozess, das notwendige Fachwissen auszubauen. Wir sind nun dabei, eine komplett neue Hobby Division Revell aufzubauen, mit der wir die ­kommenden Aufgaben meistern werden. Ein Pfund, mit dem Sie wuchern können, sind hervorragende Außendienst- und Fachhandelsstrukturen. Sind Sie personell gut genug aufgestellt, auch den Erwartungen von Hobbico auf der einen und den Endverbrauchern aus der RC-Szene auf der anderen Seite gerecht zu werden? Unser Vertriebsschwerpunkt ist der klassische Spielwarenfachhandel, der seinerseits durchaus aufgeschlossen gegenüber hochwertigen RC-Modellbauartikeln ist. Dazu sind wir auch schon sehr erfolgreich in Teilen des RC-Fachhandels platziert. Verstärken werden wir unseren Außendienst mit zwei neuen Mitarbeitern aus dem RC-Umfeld. Die Synergie-Effekte sind beträchtlich, was uns natürlich zu Gute kommt. Zudem haben wir mit den beiden Produktmanagern Florian Knapp und Christian Böhme bereits in jüngerer Vergangenheit ­engagierte und kompetente Mitarbeiter gewinnen können, die das Revell-Team enorm verstärken. Die Leitung ­dieses neuen Bereiches wird ab 01. Januar 2013 Joachim Knorrscheidt übernehmen, ein in der Branche hochgeschätzter Experte und Kenner der Materie. Hand aufs Herz: Reicht das schon aus, um ganz vorne in der Champions League der internationalen RC-Firmen mitspielen zu können? Davon bin ich überzeugt; wir werden ein starkes RC-Team haben, wir haben hervorragende Strukturen in Europa, Hobbico als unser Anteilseigner ist ein Schwergewicht in der Branche mit einem großen Produktportfolio, einer hohen Professionalität und dem erklärten Willen, in Europa zu expandieren. Das Ganze ist eine echte ­Win-win-Situation. Seit dem 01. Oktober bieten Sie die ersten Produkte aus der Hobbico-Markenfamilie an, unter anderem die RC-Flugzeuge von FlyZone. Wie geht’s in den nächsten Monaten weiter? Wir starten bewusst mit einem etwas kleineren Sortiment ausgesuchter Produkte: Flugzeuge von Great Planes und FlyZone, der Flugsimulator Real Flight sowie Zubehör und Ersatzteile. Und das exklusiv in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Benelux-Ländern. Spätestens ab der Internationalen Spielwarenmesse 2013 werden wir dann einen umfassenden Querschnitt aus dem Hobbico-Portfolio anbieten. Parallel bauen wir auch in weiteren europäischen Ländern die entsprechenden Vertriebsstrukturen auf.