Dicht gemacht!

Die Cinemizer-Videobrille von Zeiss mit ihren OLED-Displays wird, wenn sie im Juli auf den Markt kommt, in der ganz oberen Liga der besten Datenbrillen mitspielen. Wir haben bereits ein Vorserienmodell im Test. Konzipiert wurde die Cinemizer-Videobrille von Zeiss für 3D-Filme und Videospiele. Uns interessiert etwas anderes: der Videoflug, auch als Immersionsflug oder FPV bekannt. Vorgestellt haben wir die Cinemizer-Brille bereits in RC-Flight-Control Ausgabe 2/2011. Was wir damals bemängelt haben, kann man dem Hersteller nicht ankreiden: Sie schirmt nicht gegen von außen einfallendes Licht ab. Für den eigentlichen Einsatz in Räumen ist es nicht von Bedeutung, draußen beim Fliegen, in der Sonne wird es zum Problem. Suche nach Ideen Eigenbau? Sie müsste lichtdicht aufliegen, eine Passung wie eine Taucher- oder Skibrille haben. Was gar nicht einfach ist ohne Computersimulation, Metallformen, Vulkanisierungs- oder Spritzmaschinen. Saugend passend heißt die in Modellberichten zu oft strapazierte Formulierung, wenn etwas ganz wenig Spiel hat, wo es doch zumindest für Schaummodelle eine saugende Passung gar nicht geben kann. Aber Schaumschwamm darüber. So ähnlich sollte unsere Brille aber aufliegen. Die Anatomie eines Gesichts ist leider eine völlig andere, als die einer Flügelsteckung. Wenn man von Frankenstein oder Arni Schwarzenegger absieht, deren Kopfform streng dem Quadrat folgt, hat man es beim Rest der Weltbevölkerung mit Rundungen, Vertiefungen und Weichteilen zu tun. Die geniale Idee wurde leider vom Familienrat rigoros abgeschmettert: Soll sich doch der Sohn sein Gesicht mit Trennmittel einschmieren, Brille aufsetzen, Harz und ein paar Lagen Glasgewebe mit Harz darübergelegt, schlafen gehen, am Morgen wird entformt. Suche nach Dichtung Eine Expedition in die Werkstätten der Industrie und des Handwerks begann. Ideen hatten wir genug: Dichtungen von Auto- oder Haustüren, Fensterbau, Sanitär, Schaumstoffprofile, Silikon, Medizinbedarf. Zu viele Ideen können leider auch verwirren, außerdem gibt es die üblichen Schwierigkeiten: „Lieferungen nur in 100-Meter-Längen“, „nur an Großabnehmer“, oder ganz einfach: „Sie müssen die Bestellnummer durchgeben, Abbildung haben wir nicht“. Auch die Baumärkte kamen dran, und zuletzt – dies sollte keine Werbung sein – Ikea. Aber weder unter Billy-Regalen, Plüschtieren oder Töpfen und Pflanzen war etwas zu finden. Vor den Kassen dann, an einem der vielen Wühltische, ein Berg von Mauspads. Schaumstoffplatten, stabil und gleichzeitig weich, von einer Seite hellgrau (genau die Farbe der Zeissbrille), von der anderen mit schwarzem Textilstoff beklebt, nicht reflektierend. 59 Cent. Bingo! Zurück in die Werkstatt Der Rest der Geschichte? Endlich wieder Modellbau. Die Cinemizer hat eine gute Form, oben und unten mit etwas gebogenen, aber sonst planen Flächen. Schablonen aus Pappe wurden immer wieder angepasst, dann auf das Mauspad übertragen und ausgeschnitten. Die Klebung auf die Brille war einfach und doch wieder nicht so einfach zu klären. Gummi-, Sekunden-, PU- oder Zweikomponentenkleber würden den textilbeschichteten Schaumstoff bombenfest mit dem Kunststoffgehäuse der Brille verbinden. Auf immer und ewig. Zu brutal für die schöne Cinemizer. Eine Reihe Probeklebungen mit verschiedenen Klebebändern hat das profane Teppichklebeband siegen lassen. Es hält wirklich gut und wenn die Dichtungsprofile einmal geändert oder die Brille ganz ohne sie verwendet werden soll, lässt sie sich leicht in den Originalzustand zurückversetzen. Wichtig ist nur, einen wirklich super­scharfen Cutter oder ein Skalpell zum Ausschneiden zu verwenden. Und das Klebeband nur auf die Flächen aufzuziehen, die Kontakt mit dem Brillengehäuse haben. Die übrigen, frei stehenden Teile, auch die über den klappbaren Bügeln, sollten ja nicht mit Haaren und Haut verkleben. Die schwarze Textilbeschichtung muss auch offen bleiben, sie hat die wichtige Funktion, Lichtreflexionen und Spiegelungen zu unterdrücken. So! Nun haben wir sie, die für FPV optimierte und optimale Videobrille. Und wenn viele von uns, Hunderte, Tausende, Millionen mit der Cinemizer den FPV-Flug betreiben werden (auch dies keine Werbung), so wird Zeiss vielleicht die saugend-passende Abdichtung mitliefern. Bis dahin ist aber Eigenbau angesagt. Gar nicht schwierig.