Der Piper J-3 von Schweighofer

„Jetzt gib‘ nicht soviel Gas! Langsamer ... nein, nicht schon wieder gerissene Rollen! Bleib’ mal ganz ruhig, versuch’ mal einfach geradeaus zu fliegen. Och, jetzt nicht so an den Knüppeln reißen!“ Das war nicht etwa eine typische Regieanweisung in der Anfängerschulung, sondern das aufgeregte Engelchen, das auf der Testpilotenschulter sitzend versucht, dem irre grinsenden Teufelchen mit seinem Sender in der Hand den Schalk auszutreiben. Eigentlich sollte nämlich probiert werden, wie lange der Akku hält, wenn man gemütlich umhergondelt. Aber die 1.400 Millimeter (mm) spannende Piper von FMS, erhältlich bei Schweighofer, fliegt derart klasse, dass es wirklich schwer fällt, zwischendurch nicht doch mal richtig die Sau rauszulassen. Platzsparend Jetzt könnte man den vermutlich kürzesten Modelltest verfassen: „fliegt super, Qualität top, Preisknaller. Kaufen.“ Wäre aber langweilig, und irgendwie auch verdächtig unkritisch. Also betrachten wir das Modell ruhig etwas genauer, da muss doch irgendwo wenigstens ein kleines Würmchen drin sein? Die Einzelteile des abflugfertig 1.355 Gramm (g) wiegenden Hochdeckers vermitteln von Beginn an einen wertigen Eindruck. Alle Komponenten sind in Beuteln verpackt und die Kleinteiletütchen besitzen inhaltsangebende Beschriftungsaufkleber. Sehr gut, keine Transportschäden zu verzeichnen. Interessant ist, dass die wesentlichen Baugruppen – Rumpf, Flügel, Fahrwerk, Leitwerk – allesamt untereinander nur verschraubt und keineswegs verklebt werden. Das bedeutet nämlich, dass das Modell komplett zerlegbar bleibt. Eine feine Sache, denn nach etwas Schräubchengefummel bekommt man die Piper auch mal platzsparend im Urlaubsgepäck unter. Fein detailliert Es fällt auf, dass viel Sorgfalt und Aufwand in die Detaillierung des Modells gelegt wurde. So sehen wir zum Beispiel kleine rote Tank- und Öldeckel, Rippenstruktur, Nieten, eine Dachantenne, ein ganz tolles gefedertes Hauptfahrwerk, ein angelenktes Spornrad und ein aufgeklebtes Instrumentenbrett einschließlich Pilotenbüste im Cockpit. Naja, der Kollege könnte sich mit seinem angestrengt bohrenden Blick ruhig etwas gelassener zurücklehnen. Vielleicht ein Flugschüler vor seinem ersten Alleinflug, so gesehen auch hier sehr vorbildgetreu. Zum näheren Betrachten lädt die Motorhaube mit den seitlich herausstehenden – oder besser doppeldeutig: herausragenden – Zylinderattrappen ein. Alles Spritzgussteile, da wurde weder am Geld noch am Gewicht gespart, denn die Haube allein wiegt verblüffende 65 g. Kein Wunder, denn hier wird ein 25-g-Metallgewicht zur Schwerpunkt­einhaltung geschmuggelt. Die Schmuggelware hat sich nach einem Kopfstand allerdings in ein gelbes Räppelchen verwandelt, vielleicht sollte man auf die Klebestelle des Ballastgewichts etwas genauer prüfen oder gleich Fünf-Minuten-Epoxy zur Sicherheit hinzufügen. Gewichtiger Antrieb Um den Motorhaubeninhalt zu finden, muss man die Haube aber erst abschrauben, denn sie ist bereits fertig montiert. Wo man schon dabei ist, kann man gleich den Motor inspizieren und muss dem 130-g-Außenläufer vom Typ FMS 3536 kv800 eine eher flüchtige Bauqualität bescheinigen. Doch für den günstigen Bausatzpreis kann man offen gestanden auch nicht mehr erwarten. Haupt­sache er funktioniert und läuft rund. Angesteuert wird er von einem 30-Ampere-Steller, geeignet für zwei bis vier LiPo-Zellen. Über einen Sechskant wird der Plastik-Propeller FMS 11 × 7 Zoll von einem kleinen Alu-Schraubspinner gehalten. Die gesamte Antriebseinheit macht mechanisch einen soliden Eindruck, ist fest im Schaumrumpf verankert und zeigte auch im Alltag keine Schwächen. Der beiliegende 3s-LiPo besitzt eine Kapazität von 1.800 Milliamperestunden (mAh), was eine aktuell recht gängige Größe darstellt. Steckt man ihn in sein vorgesehenes Fach unter dem Rumpf, passt der Schwerpunkt hervorragend. Beim Zusammenbau der passgenauen Flügelverstrebung lässt sich mutmaßen, dass der Konstrukteur früher einmal Überraschungsei-Bausätze entwickelt haben könnte. Hier werden nämlich etwas unübliche, aber sehr gut funktionierende Schnapp-Steckungen eingesetzt. Die dazugehörigen Plastik-Halteplättchen am Flügel sind leider nur mit Kon­­taktkleber angebracht und zeigen bei ersten neugierigen Zugversuchen eine gewisse Nachgiebigkeit. Dort fügt man lieber gleich Sekundenkleber hinzu, das ist sonst zu heikel. Und wenn hier noch etwas genörgelt werden darf: schade ist, dass sich an der Piper viele unterschiedliche Gelb-Farbtöne je nach Baumaterial finden, die sich jeweils ein klein wenig beißen. Das gibt klare Abzüge in der B-Note. Denn einerseits laden die aufregenden Details zum näheren Hinsehen ein. Andererseits wird dabei das neugierige Auge doch ein wenig beleidigt. Der ideale Betrachtungsabstand stellt sich ab fünf Meter Distanz zum Modell ein. In der Luft passt dann wieder alles – das Flugbild ist nicht zuletzt auch wegen der gut getroffenen Proportionen richtig klasse. Was man noch benötigt Der gesamte Montageaufwand beläuft sich auf maximal ein gemütliches Stündchen. Eine halbe Stunde ginge sicher auch, wenn’s sein muss. Immerhin liegt sogar das benötigte Werkzeug bei und der unvermeidliche Billig-Equalizer-Kompaktlader – für 2s-/3s-Betrieb, 1 Ampere Ladestrom, Anschluss an 12 Volt über Kroko-Klemmen – darf sich ebenfalls zur Vollzähligkeit melden. Ein Empfänger muss noch vom Käufer angeschafft und eingesetzt werden. Hier treffen insgesamt vier 9-g-Servos aufeinander: zwei Mal für Querruder – über beiliegendes V-Kabel auf einen Kanal reduziert – und je einmal für Höhe und Seite. Jetzt noch den BEC-Drehzahlsteller, das macht dann vier benötigte Steckplätze. Senderpro­grammierung und Servo-Feinjustage beenden den Werkstattaufenthalt endgültig. Verführerisch Der Akku ist durch eine fingernagelmordende Plastikklappe im Schwerpunkt unter dem Rumpf einzubringen. Frische Luft, Sonnenschein, kurzgemähte Wiese. Die Piper rollt mit ihrem angelenkten Heckrad zum Startplatz. Die Räder sind ja nicht gerade riesig, daher sollte man das Höhen­ruder beim Bodenstart voll ziehen, um die völlig normale aber ­keineswegs ausgeprägte Kopfstandneigung zu verringern. Kraftvoll geht die gelbe Maschine in einen flachen Steigflug über. Erste Freude: kaum Nachtrimmen nötig und das Höhenruder steht neutral getrimmt. Super. Auf Höhe und Seite reagiert sie weich und aufs Querruder schön direkt. Cruisen kann man übrigens problemlos ohne Querruder, diese könnte man eigentlich auch lahm legen. Aber dann würde das Salz in der Suppe fehlen, denn: Vierzeitenrollen? Ja bitte. Rückenflug? Aber sicher. Und zwar mit ganz wenig Nachdrücken, wie ungewöhnlich. Gerissene Rollen, Steigflug, Turn, Abschwung, Kubanacht, langgezogener Slip, das ist wirklich alles ganz hervorragend fliegbar und fühlt sich richtig erwachsen an. Der Antrieb stellt 1:1 Schub zu Gewicht zur Verfügung, das reicht dicke. Landen geht gut mit abgestelltem Antrieb und kurzem Aushungern kurz überm Boden, dann in Dreipunktmanier weich aufsetzen. Die vielfach verstrebte Piper gleitet viel besser als gedacht. Nach dem zehnminütigen, herrlich dynamischen Kunstflugprogramm können Sie sich schon mal eine Antwort auf die garantiert folgende Zuschauerfrage zurechtlegen: „Wie, und das ist ein Fertigmodell? Der Antrieb auch dabei? Alles Serie?“. Ja, ja, ja.