Der Easy Star II als Kameraträger

Unverändert führen der Easy Star und sein Nachfolger Easy Star II die Hitliste der Einsteigermodelle an. Für den hohen Beliebtheitsgrad sorgen seine extrem gutmütigen Flugeigenschaften. Die überzeugen auch fortgeschrittene Modellflieger und FPV-Piloten, die den Elektrosegler von Multiplex dann als Experimentalflugzeug oder Kameraträger schätzen. Mit 1.366 Millimeter Spannweite ist der Easy Star II kein Riese, dafür schön handlich. Zudem verfügt das Modell über üppige 25 Quadratdezimeter (dm²) ­Fläche, was bei der Modellgröße enorme Vorteile in puncto Flächenbelastung mit sich bringt. Zusatzgewichte können leichter kompensiert werden und wirken sich weniger deutlich auf die Flugeigenschaften aus. Ein kritisches Augenmerk gilt bei Mehrbelastungen jedoch dem Antrieb. Der muss mitspielen, sonst erlahmen Flugexperimente schon in ihrer Anfangsphase. Was man bekommt Wie mittlerweile von Multiplex gewohnt, ist das Modell in verschiedenen Ausbaustufen erhältlich: vom reinen Baukasten bis hin zum fertig ausgerüsteten Modell mit Fernsteuerung und Ladegerät. In der Optik unterscheidet die neue Version sehr wenig von der alten. Geblieben ist der in den Rumpf integrierte Pylon mit Druckantrieb. Jedoch übernimmt jetzt ein Außenläufer statt ein Bürstenmotor die Aufgabe, für Vortrieb zu sorgen. Die Flächenform behielt man bei, erweiterte jedoch dem Einsteiger die Möglichkeit, mit seinem Modell zu wachsen. Vielfach wurde früher der Wunsch geäußert, den Elektrosegler mit Querruder auszustatten. In Eigenregie war dies erfahrenen Modellfliegern auch möglich. Beim neuen EasyStar II ist die Fläche dank vorgeformter Querruder und Servoschächte schon für diesen Ausbau vorbereitet. Wer das Modell als Kamera­flugzeug nutzen möchte, ist auf die Querruderfunktion angewiesen. Sie lässt ein nochmals feinfühligeres ­Steuern des Elektroseglers zu, was mit Seitenruder alleine so nicht umsetzbar ist. Ohne Kamera Für 154,90 Euro ist die RR-Version im Handel erhältlich, die hier besprochen wird. Das Modell ist weitgehend fertig gestellt – Querruderservos und Verlängerungskabel sind noch nötig. Vom Hersteller bereits eingebaut sind Höhen- und Seitenruderservos sowie der Antrieb. Selbst das Dekor ist aufgebracht, sodass zusätzlich ein Flugakku, Empfänger und Sender zur Fertigstellung beizusteuern sind. Aus der beiliegenden, deutschsprachigen Anleitung lassen sich die Einstellwerte ablesen, die zum Fliegen ideal sind und ohne Änderungen übernommen werden können. Flugfertig wiegt das Modell 710 Gramm (g). Ohne Kamera an Bord präsentiert sich der Easy Star II als sehr gut zu steuernder Elektrosegler. Der Antrieb reicht für Steigflüge mit einem maximalen Winkel bis 45 Grad, um zügig Höhe zu erklimmen. Die Segeleigenschaften sind bei ausgeschaltetem Motor sehr gut. Bei geringem Höhenverlust lassen sich weite Strecken fliegen. Geringe Ruderausschläge tragen zu einem weichen, weiträumigen Kreisflug bei. Langt man deutlicher in die Knüppel, wird das Modell agiler. Loopings, Rollen, Turns, Rückenflug und ein bisschen mehr ist drin. Eine lahme Ente ist der Easy Star II ganz sicher nicht. Im gemischten Flugstil beträgt die reine Motorlaufzeit bis 20 Minuten bei einem 3s-LiPo mit 2.000 Milliamperestunden Kapazität. Einschließlich einiger Segelflugphase sind deutlich über 30 Minuten oben bleiben drin. Mit Thermikanschluss sogar noch viel mehr. In der Summe alles ermutigende Erfahrungen, die Hoffnung auf den erfolgreichen Ausgang des Experiments als Kameraträgermodell nähren. Die Kamera Zur Verfügung steht die ActionPro SD20F. Der schwarze Würfel mit den Maßen 61 × 43 × 40 Millimeter erinnert an den Klassenprimus GoPro Hero, ist aber mehr mit der Rollei 4S vergleichbar. Der Lieferumfang kann sich sehen lassen: aufsteckbarer LCD-Bildschirm, wasserdichtes Gehäuse, LiIon-Akku mit 1.000 Milliamperestunden Kapazität, drei Befestigungsfüße und -platten mit Klebepads, mehrere Befestigungsadapter, je ein AV- und USB-Kabel, eine Tasche und eine Funkfernbedienung. Ein Live-Out ist nicht vorhanden, dafür aber ein Mini-HDMI-, ein Mini-USB- und ein AV-Ausgang. Die beiliegende Kurzanleitung erklärt in hinreichender, verständlicher und deutscher Sprache die Funktionen der Kamera. Oben auf dem Kameragehäuse sind der Ein-aus-Schieber sowie zwei Taster zum Auslösen der Kamera oder zum Starten einer Videoaufnahme platziert. Detaillierte Einstellungen sind nur über das steckbare LCD möglich. Verbaut wurde ein 1/2,5-Zoll-CMOS-Sensor mit 5 Megapixel. Das Glasobjektiv hat eine fest eingestellte Blende von 2,8 und der Bildwinkel beträgt 170/128 Grad bei 1.080/720p Videoauflösung. Maximal sind 25/30 Bilder bei 1.080p und 50/60 Bilder bei 720p möglich. Die Kameraauflösung kann zwischen 3,5 und 8 Megapixel eingestellt werden. Aufgezeichnet wird auf eine Mikro-SD-Karte bis 32 Gigabyte Größe. In Full HD sind rechnerisch über sechs Stunden nonstop Aufnahmezeit drin, der Akku hält aber nur zwei Stunden – bei Kälte maximal eine Stunde. Trägerschaft Dank Standardbefestigungs-Equipment sitzt die SD20F fest und sicher auf dem Modell. Positioniert ist sie auf der Tragfläche – und zwar so Schwerpunkt-neutral wie möglich. Erstens nah am Rumpf, um die Balance wenig zu beeinflussen. Zweitens auf Höhe des Holms, der beim Easy Star II zugleich die Schwerpunktlage markiert. Das vermeidet Änderungen der Akkuposition im Rumpf. Ideal wäre eine im Cockpitbereich integrierte Befestigung. Der Akku müsste dann nach hinten verlegt werden, dafür ist Platz ­vorhanden. Viel aufwändiger fiele allerdings die Bearbeitung der Kabinenhaube aus. Im Gegenzug erhielte man jedoch ein FPV-taugliches Flugmodell. Aus reiner Bequemlichkeit blieb es bei der Tragflächenposition. Ohne Akku wiegt die Kamera SD20F geringe 58 g und mit 78 g. Nochmals 26 g addieren sich durch den steckbaren Bildschirm hinzu und mindestens weitere 45 g für einen Montagefuß samt Befestigung. Minimal beträgt das Gesamtgewicht 123 g, mit LCD 149 g und nutzt man dann auch noch das 72 g wiegende, wasserdichte Gehäuse, in das allerdings das LC-Display nicht hineinpasst, kommt man auf mindestens 195 g. Das Eigenge­­wicht des Easy Star II liegt bei 710 Gramm. Ohne LCD-Bildschirm steigt das Gesamtgewicht um 18 Prozent, mit LCD um 22 und mit Gehäuse um 28 Prozent. Glücklicherweise sind die Auswirkungen bei der viel maßgeblicheren Flächenbelastung weniger extrem. Ohne Kamera sind es 28,4 g/dm², mit Kamera reicht die Belastung – je nach Variante – von 33,3 über 34,4 bis 36,2 g/dm². Daraus leiten sich zwei Vermutungen ab: a) Die geringe Zunahme der Flächenbelastung wird voraussichtlich wenig Einfluss auf die Flugeigenschaften ausüben. Und b) gilt eher dem Antrieb Aufmerksamkeit, der das Mehrgewicht stemmen muss. Auf dem Platz Gleich mit dem ersten Kameraflug bestätigen sich die beiden Annahmen. Zum Starten ist Dauer-Vollgas erforderlich. Mühevoll erkämpft sich der Elektrosegler jeden Höhenmeter. Mehr als 20 Grad Steigwinkel sind nicht machbar. Um eine komfortable Ausgangshöhe zum Segeln zu erreichen, ist die doppelte Zeit gegenüber dem Fliegen ohne Kamera einzuplanen. Wegen viel Vollgasbetrieb schrumpft auch die Motorlaufzeit, jedoch weniger dramatisch als anzunehmen. Bis 15 Minuten sind immer noch möglich, was in dieser Klasse ein überdurchschnittlich guter Wert ist. Im Segelflug begriffen, beweist der Easy Star II seine Könnerqualitäten. Die Sinkrate und Fluggeschwindigkeit nehmen zwar geringfügig zu. Im Thermikflug kompensiert das Modell das Mehrgewicht dank immer noch geringer Flächenbelastung aber gut. Würde man den Vergleich zum Modell ohne Kamera nicht haben, fiele das Flugurteil unvoreingenommen positiv aus. Dass der Elektrosegler gewonnen Höhe relativ schnell abbaut, ist okay. Vielmehr bremst der nun überforderte Antrieb den Drang, wieder schnell nach oben zu kommen, um schöne Flugaufnahmen aus der Luft einzufangen. Wo Schatten sind, gibt es auch Licht. Wer seinem Easy Star II die Sporen geben möchte, verpasst ihm einen kräftigeren Antrieb. Zu beachten ist jedoch die Motorengröße, denn in den schmalen Motorenraum muss das neue Kraftpaket auch hineinpassen. Gegebenenfalls sind auch ein neuer Regler, der einer höheren Strombelastung standhält, und ein neuer Pusherprop erforderlich. Der darf einen maximalen Durchmesser von 180 mm haben und sollte idealerweise auch ein Klappropeller sein. Anpassen lässt sich in Maßen auch die Akkukapazität. Dabei ist aber nur die Energiemenge und nicht das Akkugewicht erhöhen. Das Ziel sollte lauten, den Steigwinkel zu verbessern, um schneller Segelflughöhen zu erreichen. Die Motorlaufzeit gleich noch mit zu steigern, ist ein ungleich schwierigeres Unterfangen, wenn der Faktor Gewicht bei null bleiben soll. Eine Alternative wäre natürlich, das Kameragewicht zu senken. Platziert man nur die Kamera ohne Display und Halterung, sind schließlich nur 58 g mehr zu schleppen, was kaum spürbare Auswirkungen auf die Flugeigenschaften zeigen würde. Video- und Fotoqualität So weit der technische Part. Wie sieht es mit den filmischen Qualitäten aus. Zunächst zur Kamera selbst. Die SD20F bevorzugt optimale Lichtbedingungen. Bei Schwachlicht produziert sie dunkle, stark verrauschte Fotos und Videos. Bei Sonne ist das Bildrauschen im Video noch okay und bei Fotos ist es im Detail sichtbar. Die Bildschärfe nimmt von der Mitte zu den Rändern und noch deutlicher zu den Ecken hin sichtbar ab. Unvermeidlich sind tonnen- beziehungsweise kissenförmige Verzeichnungen. Deren Präsenz ist aber angenehm zurückhaltend. Schlieren, Bildausfälle oder Bloomingeffekte sind zu keiner Zeit zu beobachten. Das Rolling Shutter ist dezent. Wenige Probleme hat die SD20F bei Kontrastwechseln, es treten keine Überblendungen auf. Jedoch ist der Kontrastumfang gering. Angenehmerweise werden dunkle Partien unterbelichtet und helle nicht überbelichtet. In der Summe liefert die SD20F eine gute Foto- und Videoqualität ab und empfiehlt sich für den Einsatz an helleren Tagen. Und wie sieht es mit Wacklern durchs Modell aus? Da der Easy Star II ungeachtet des Mehrgewichts exzellent fliegt, fällt das Urteil sehr gut aus. Die Position auf der Fläche führt zu keinen Beeinträchtigungen der Flugeigenschaften. Im Kurvenflug lässt sich der Elektrosegler prima dirigieren. Fliegt man weiträumig, fällt der Neigungswinkel gering aus, was zu schönen, langgezogenen Schwenks beziehungsweise Filmszenen führt – als drehe man selbst aus einem manntragenden Segler heraus. Rollen und Loopings sind zwar immer noch machbar, müssen aber aufgrund der mangelnden Leistung sehr schnell kommen, was im Video wenig überzeugt. Ohne Kamera setzt sich der Easy Star II für seine Größe gut gegen Wind durch. Da wackelt nur wenig. Mit Kamera sorgt die geringe Motorkraft bei Gegenwind für Schleichtempo, das aber macht sich später im Video positiv bemerkbar – denn hier sind ruhige Filmaufnahmen erwünscht. So gesehen macht sich der scheinbare Nachteil des kleinen Motors beim Videoflug nicht bemerkbar. Kurzum: Der Easy Star II von Multiplex eignet sich gut als Trägerflugzeug für den Videoflug. Eine leichte Kamera oder ein etwas stärkerer Motor steigern die Videoflug-Performance des Elektroseglers, sind aber kein Muss. Mit der Basisversion sind gute Ergebnisse erzielbar.