Blue Atlanta von Blue Airlines

Viele RC-Piloten wünschen sich einen robusten Allround-Hotliner in Schalenbauweise, der problemlos alpine Bedingungen wegsteckt und nicht wie ein gewichtsoptimierter Thermikschleicher bei härteren Landungen zerbröselt. Handliche 3.500 Millimeter (mm) Spannweite, Geschwindigkeiten jenseits der 200-Stundenkilometer-Marke und Gutmütigkeit beim Landeanflug stehen ganz oben im Forderungskatalog. Auch sind ein Vierklappenflügel mit modernem Wölbklappenprofil sowie ein robustes Kreuzleitwerk mit Pendelhöhenruder obligatorisch. Laut Hersteller ist die Blue Atlanta ein Hightech-Modell im F3J-Look, die sich durch ein breites Einsatzspektrum auszeichnet. Ob dieses neue Sportgerät ambitionierte RC-Piloten und Otto-Normal-Verbraucher gleichermaßen anspricht sowie die hohen Erwartungen erfüllt, das wurde ausführlich getestet. Drei Versionen Blue Airlines bietet die Blue Atlanta in drei Bauaus­führungen an. Zunächst eine Allround-Version in Voll-GFK-Bauweise. Dann die extrem robuste Voll-CFK-Version, speziell für RC-Piloten, die beim Hang- und alpinen Segelflug so richtig entlang der Hangkante fräsen wollen und zwischendurch den Kick spektakulärer Kunstflug­akrobatik suchen. Schließlich noch die leichtgewichtige Segler-Version in Carbon-Kevlar-Mischbauweise für Modellflugsportler, die dem Thermikflug frönen möchten. Für diesen Test stand die Voll-GFK-Version zur Verfügung, die vom Preis her wohl die meisten Interessenten ansprechen dürfte. Feinste Teile Der Baukasteninhalt besteht aus zwei Tragfügelhälften in GFK-Schalenbauweise, einer Voll-Carbon-Flächensteckung, einem GFK-Rumpf mit Carbon-Kabinenhaube, zwei Höhenruderhälften mit Steckungen und einem Beutel mit Kleinteilen wie Schrauben, Ruderanlenkungen oder GFK-Servoabdeckungen. Auch ist eine ausführliche und wirklich leicht verständliche zehnseitige Bauanleitung vorhanden, die alle Bauschritte mit vielen aussagekräftigen Fotos im Detail erklärt. Sämtliche im Baupaket enthaltenen Teile sind von allerhöchster Fertigungsqualität, die Nähte sind kaum sichtbar. Zudem ist die Blue Atlanta bereits in der Form lackiert, die Oberflächen glänzen, sodass man sich fast darin spiegeln kann. Variable V-Form Die Flächensteckung ist schwimmend gelagert, das heißt, die CFK-Vierkant-Flächenbrücke – Querschnitt 30 × 15 mm – hat keine Berührung mit dem Rumpf. Die Einleitung der Kräfte erfolgt auf jeder Rumpfseite mit zwei Torsions­bolzen, die man selbst in die Flächenwurzel einharzen muss. Der Durchgang für den Flächenverbinder und die Bohrungen für die Verdrehsicherungen im Rumpf sind bereits herstellerseitig eingebracht. Die Blue Atlanta hat einen Flügel mit variabler V-Form. Der Vorteil: Dadurch lässt sich das Hightech-Modell optimal als Thermiksegler, als Hangfräse und als Kunstflug­maschine beim alpinen Segelflug gleichermaßen einsetzen. Der mitgelieferte CFK-Flächenverbinder hat eine V-Form von 0,5 Grad: Zeigt das „Vau“ des Verbinders nach oben, hat das Tragwerk eine Gesamt-V-Form von sechs Grad, weist hingegen das „Vau“ nach unten, ergibt sich eine reduzierte Gesamt-V-Form von fünf Grad. Hier geht der Hersteller konsequent auf Kundenwünsche ein. Torsionsbolzen Etwas knifflig ist das Einkleben der Verdrehsicherungs­bolzen – in Form von 4-mm-Stahlstiften – in die Trag­flächenwurzelrippe mit eingedicktem Epoxidharz: Hier müssen die beiden Flächenwurzeln an die obere Kontur der Rumpfanformung exakt angepasst und der Rumpf so ausgerichtet werden, dass das Seitenleitwerk senkrecht nach oben zeigt. Geht man bei diesen Arbeiten sorgfältig vor, ergibt sich automatisch die optimale EWD und es fallen keine fehlerträchtigen Einstell- und Vermessungsaktivi­täten an. Bevor die Torsionsbolzen endgültig eingeklebt werden, muss der Rumpf mit Maskierfolie oder Trenn­wachs behandelt werden, damit er nicht mit dem Flügel verkleben kann. Auch die Mechanik fürs Pendelruder nebst Anlenkung sowie die beiden Bowdenzüge im Rumpf hat der Hersteller bereits komplett eingebaut. Alle Ruderblätter im Tragwerk sind als Elastic-Flap anscharniert und mit Dichtlippen ausgestattet – dasselbe gilt fürs Seitenruder. Das Pendel­höhen­ruder ist zweiteilig aufgebaut, mit einem 4-mm-­Bolzen in der Drehachse und einen 3-mm-Stahldraht als Verdrehsicherung. Wahltag Ein Servobrett fürs Höhen- und Seitenruderservo liegt dem Bausatz bei, allerdings müssen die Aussparungen für die verwendeten Servos noch ausgesägt werden. Wegen der langen Rumpfnase ist ausreichend Platz für alle Fernsteuerkomponenten und den Elektroantrieb vorhanden. Mit Blick auf den Schwerpunkt muss man sich den Rumpfausbau trotzdem gut überlegen, nämlich ob man die Blue Atlanta in der Segler- oder in der Elektro-Version ohne Ballastzugabe fliegen möchte. Bei der Segler-Version empfiehlt es sich, die Empfängerstromversorgung und die Servos für Höhen- und Seitenruder möglichst weit vorne einzubauen. Anders sieht das bei der Elektro-Version aus. Hier rutschen die Servos im Rumpf samt Empfänger­stromversorgung nach hinten und machen so dem Antriebsmotor, Regler und Antriebsakku Platz. Für die Ansteuerung der Querruder, Wölbklappen sowie des Höhen- und Seitenruders empfiehlt Blue Airlines die digitalen Graupner Eco-Servos DES 678MG. Diese präzisen und schnellen Rudermaschinen mit Metallgetriebe sind eine gute Wahl, denn sie zeichnen sich durch ein hohes Stellmoment von 75 Newton pro Zentimeter, eine prima Stellgenauigkeit, Robustheit und ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Insgesamt sind sechs dieser digitalen Rudermaschinen in der Blue Atlanta verbaut. Als Empfängerstromversorgung können entweder ein ­fünfzelliger NiXX-Akku oder ein zweizelliger LiPo mit Linearregler wie etwa dem Jeti Max BEC verwendet werden; siehe dazu auch den Bericht in diesem Heft. Damit die Bordstromversorgung bei sechs stromhungrigen Digital­servos möglichst lange durchhält, sollte der Energiespender eine Kapazität von mindestens 2.000 Milliamperestunden (mAh) Kapazität haben. Wegen des hohen Innenwider­stands dürfen keinesfalls Eneloop-Zellen verwendet werden. E-Power Wegen ihres geringen Durchmessers lassen sich Brushless-Innenläufer mit Getriebe leicht in die schmale Rumpfnase der Blue Atlanta schrauben. Getestet wurden vier unterschiedliche Antriebsvarianten mit zwei Kontronik Kira-Getriebemotoren, mehreren Klappluftschrauben und drei- bis fünfzelligen LiPo-Antriebsakkus mit jeweils 2.600 mAh Kapazität und 30C Entladerate. Als Spinner kam ein aero-naut Präzisionsspinner mit 38 mm Durchmesser zum Einsatz. Je nach Antriebsauslegung sollte der Regler etwa 50 bis 70 Ampere verkraften können. Gutes Steigen erzielt man bereits mit einem Kontronik Kira 500-26/6,7:1, einer aero-naut CAM Carbon 18,5 × 12 Zoll und einem dreizelligen LiPo-Akku. Dieser Antrieb ist unkompliziert, recht preiswert und für den kleinen Geldbeutel gedacht. Modellflugsportler, die mit der Blue Atlanta lieber floaten als bolzen wollen, werden mit dieser Antriebskombination ihre Freude haben. Spürbar schneller geht es mit einem vierzelligen LiPo-Energiespender, einer aero-naut CAM Carbon 18 × 11 Zoll und der gleichen Motor-Getriebe-Kombination nach oben. Wer einen Antrieb mit Biss in die Blue Atlanta einbauen möchte, sollte zum Kontronik Kira 600-22/6,7:1 greifen. Mit einem vierzelligen LiPo-Akku, einer aero-naut CAM Carbon 18,5 × 12 Zoll ist exzellentes Steigen möglich. Soll der Segler fast senkrecht nach oben katapultiert werden, empfiehlt sich ein aero-naut CAM Carbon 18 × 11 Zoll-Propeller und ein fünfzelliger LiPo mit mindestens 30C Entladerate. Allrounder Bereits beim Erstflug ist man mit der Blue Atlanta sofort auf Du und Du, denn das Flugverhalten erweist sich als überraschend ausgewogen und gutmütig. Bereits mit den empfohlenen Standardeinstellungen aus der Bauanleitung fliegt der Hightech-Segler wie auf Schienen. Schon nach wenigen Testflügen zeigt sich, dass sich die Blue Atlanta im rauen Hangwind und in der Ebene gleichermaßen zuhause fühlt. Dank des HQW-2.5-Profilstraks kreist der Allrounder mit Wölbklappenunterstützung hervorragend in der Thermik und kann mit Klappen-Neutralstellung angenehm schnell und dynamisch geflogen werden. Fährt man hingegen die Wölbklappen nach oben aus – Speed­stellung – legt der Segler deutlich an Tempo zu, das der Pilot scheinbar verlustlos in Höhe umsetzen kann. Für sauberen Kreisflug sind minimale Ruderausschläge erforderlich, was wohl der Flächengeometrie und den aerodynamisch dichten Ruderklappen mit Flexischarnieren zuzuschreiben ist. Dank großer Wölbklappen lässt sich die Fluggeschwindigkeit hervorragend dosieren – punktgenaue Landungen gelingen mit Butterfly-Stellung fast von selbst. Die Flächen selbst sind bretthart und verkraften bedenkenlos selbst eine extreme Gangart. Bereits die Voll-GFK-Version der Blue Atlanta hat eine so hohe Festigkeit, dass sie in der Luft nicht kaputt zu kriegen ist. Des Weiteren bringen die Testflüge ans Licht, dass in der Regel ein preiswertes Vier-Zellen-Antriebs-Setup vollkommen ausreicht. Stellt man beim Start die Wölbklappen in Thermikstellung, so verbessert sich die Steigleistung deutlich und der Kontronik Kira zieht die Blue Atlantik souverän auf Höhe. Bilanz Vom Floaten bis hin zum dynamischen Segelflug und Hangbolzen ist mit der Blue Atlanta alles drin. Ob man sich für die GFK-, CFK- oder Kevlar/Carbon-Version entscheidet, hängt wohl in erster Linie vom Geldbeutel und den Wettbewerbsambitionen des RC-Piloten ab. Wie unsere Testflüge zeigen, kann bereits die preisgünstige Voll-GFK-Einsteiger-Version in jeder Hinsicht überzeugen. Da der Bausatz sehr weit vorgefertigt ist, beschränken sich die Montagearbeiten in erster Linie auf den Einbau der RC- Komponenten und des Elektroantriebs. Summa summarum ist die Blue Atlanta nach etwa zwei Werkstattabenden ready for take-off.