Alles geregelt

Alte Zöpfe, die es abzuschneiden gilt, können durchaus jung sein. Bei der Firma Hacker ist man davon überzeugt, dass für Power-Antriebe von morgen eine modernisierte Technik von gestern den Fortschritt garantiert. Motoren und Reglern mit SENSOREN gehört die Zukunft. Viele Argumente sprechen für ein Umdenken. Das Paradoxon erhielt bei Hacker Motor den kunstvollen Namen MasterSenstrol – gebildet aus den Begriffen Sensorik und Controller. Es signalisiert, worum es im Kern geht: einem Regler mit implementierter Sensortechnik. Auf dem falschen Dampfer befindet sich nun der Elektroflugenthusiast, der hier den Abverkauf einer zufällig wieder entdeckten Kiste prall gefüllt mit alten Reglern vermutet. Tatsächlich existieren vom neuen Regler Senstrol aktuell nicht mal eine Hand voll Muster. Die Redaktion von Ludwig Retzbachs Elektroflug Magazin konnte sich bei einem Besuch der Firma Hacker Motor als erstes ein Bild über das neue Hightech-Gerät machen. Leistung muss sich lohnen Gut drei Jahre liegt es zurück, als erstmals im Gespräch mit Wettbewerbspiloten – vorwiegend aus der F3A- und F3AX-Szene – an Rainer Hacker, Inhaber von Hacker Motor, der Wunsch nach einer Reglergeneration herangetragen wurde, die den gewachsenen Ansprüchen großer Elektroflugmodelle idealer entspricht. LiPo-Packs ab 10s und höher, die dank erstklassiger Spannungslage bei hoher Strombelastung eine enorme Leistungsbereitschaft zeigen, und Motoren, die 15 Kilowatt und mehr konsumieren, bringen Regler zum schwitzen. Nicht immer mit glücklichem Flugende. Kurz, eine Lösung musste her, die vor den Möglichkeiten von Motor und Akku nicht kapitulierte, die immer zuverlässig und sicher funktionierte, die Luft nach oben ließ. Aus Sicht der Firma Hacker stoßen auch noch so Mosfet­starke Regler an physikalische Grenzen, die mit dem Sicher­heitsanspruch des Motorenbauers kaum in Einklang zu bringen sind. Damit sich die zur Verfügung stehende Leistung lohnend einsetzen ließ, galt es neue Wege zu gehen. Die Pfade vorhandener Modellflug-Reglertechnik schienen ausgetreten. Auf der einen Seite stoppte die Blockkommutierung die weitere Entwicklung. Auf der Anderen erkannte man das brachliegende Potenzial der Sensortechnik. Das Eine zu reformieren und das Andere wieder salonfähig zu machen, stand ganz oben im Pflichtenheft. Der Senstrol will keine Revolution anzetteln. Wenn, dann ist es eine Evolution. In der beliebten 3s- bis 6s-LiPo-Klasse würden die Vorteile des Senstrol voraussichtlich weniger deutlich zum Tragen kommen. Die bereits vorhandene Technik funktioniert hier optimal. Überschreitet man einen gewissen Übergangsbereich und nähert sich der 10s-Klasse und höher, greifen die Argumente des neuen Antriebskonzepts. Problemzonen und Lösungen Um alle drei Phasen eines Brushlessmotors zu bestromen, verwenden moderne Controller das Prinzip der Blockkommutierung. Richtig angesteuerte MOSFETs garantieren einen schnellen Auf- und Abbau des elektrisch erzeugten Magnetfelds in den Spulen und somit die eigentliche Motordrehung. Einfach ausgedrückt, bleibt bei dieser Technik eine Phase und damit ein Drittel des Motors ungenutzt. Hinzu kommt, dass die Endstufe des Reglers besonders im Teillastbetrieb mit erhöhten Verlusten beaufschlagt wird, da die MOSFETs immer komplett ein- beziehungsweise ausgeschaltet werden und die Verluste während der Umschaltphasen an den MOSFETs entstehen. Ohne Zweifel ist auch die dadurch enstehende ständige Magnetfeldänderung im Motor mit Verlusten verbunden. Was fehlt, ist ein zyklisches Bestromen der Spulen, das die Übergänge einbezieht: die Sinuskommutierung. „Beim Senstrol bildet man die Sinuskommutierung auf drei Phasen nach, also auf 120 Grad verteilt, und kann damit den Elektromotor vom Magnetfeld her besser ausnutzen, weil alle drei Phasen bei der Bestromung des Motors genutzt werden. Theoretisch könnte man den sinuskommutierten Motor ein Stück kleiner oder bei gleicher Größe eben leistungsfähiger machen“, so Rainer Hacker auf Nachfrage. Ein kleinerer Motor heißt weniger Material und damit weniger Rohstoffe, was ihn preiswerter macht. Ob man Motoren auch in der Praxis kleiner baut – theoretisch wäre ein Drittel denkbar – will man bei Hacker abwarten. Der scheinbare Vorteil birgt schließlich einige Nachteile, die es abzuwägen gilt. Gut zehn Jahre liegt es zurück, als man die letzten Sensorregler und -motoren für den Modellbaumarkt produzierte und fortan durch sensorlose Antriebe ersetzte. Die Elektronik berechnet und kontrolliert den Drehvorgang mit einer sehr hohen Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Spezifische Anwendungen im Modellflug würden allerdings davon profitieren, wenn die Elektronik exakt weiß, an welcher Position sich der Rotor aktuell befindet. Und, das kommt als entscheidender Faktor hinzu, wenn die Elektronik eine exakte Position, beispielsweise der Rotorglocke vorgeben und halten kann. Digitalservos genießen gegenüber analogen den Vorzug, dass sie eine gewollte Ruderposition anfahren und halten. Warum sollte man diese liebgewordene Selbstverständlichkeit beim Antrieb missen. Anwendungsbeispiele An dieser Stelle schließt sich ein Kreis. „F3A-Figuren werden im so genannten Constant-Speed geflogen. Bei Abwärtspas­sagen dient das Runterregeln des Antriebs auch als Bremse, um die Beschleunigung des Flugmodells zu unterbinden. Je nach Neigungswinkel ist eine unterschiedlich starke Bremswirkung erforderlich. Diese mit der Unterstützung einer Elektronik zu steuern, würde dem Piloten helfen, im Constant-Speed zu bleiben“, erklärt Rainer Hacker einen der Vorteile des Senstrol. Weitere Anwendungsbeispiele erschließen sich bei näherer Betrachtung. Mit Hilfe der Sensortechnik ist die exakte Position des Propellers erfasst und bestimmbar. Luftschrauben von Klapptriebwerken lassen sich somit ohne mechanische Hilfskonstruktionen senkrecht stellen und einwandfrei in den Rumpf einfahren. Die bei großen Modellen so gefürchteten Fehlkommutierungen, die zu heftigen Kurzschlüssen und damit einer Zerstörung von Regler und Akku führen können, gehören der Vergangenheit an. Der Senstrol gibt mit einer definierbaren Anlaufgeschwindigkeit die Richtung und Drehzahl des Props ohne Vertun vor, wenn gefordert steht auch das volle Drehmoment selbst bei Stillstand des Propellers an! Ein Propeller, der beim Landen nicht mitdreht, kann vom System in der Horizontalen positioniert und damit vor Bodenberührungen samt Folgeschäden geschützt werden. Und, um ein letztes Beispiel zu bringen, beim mehrmotorigen Modell lassen sich die Drehzahlen exakt synchronisieren. Antriebskonzept 2.0 Der MASTERSenstrol soll viel mehr können, als bloß die Drehzahl zu regeln. Über den am Motor angeschlossen Sensorbus laufen weitere, am Motor erfasste Daten in den Controller ein, zum Beispiel Temperaturwerte. Auf der gegenüberliegenden Seite überwacht der Senstrol den Akku und misst über das Balancersystem die Einzelzellenspannung, den Strom, die Temperatur und weiteres und kann so wichtige Parameter, wie beispielsweise den Innenwiderstand oder die verbrauchte Kapazität und damit die Leistungsfähigkeit des Akkus bestimmen. Mit Hilfe der gewonnenen Daten kann der Regler zuvor programmierte Befehle aktivieren und in laufende Prozesse eingreifen. Vorstellbar wäre, dass der Senstrol nach dem Anstecken des Akkus dessen Kapazität und Güte erfasst und aus anderen bekannten Daten – Propeller und Motoreigenschaften – errechnet, wie stark der Akku maximal belastet werden kann, ohne ihn zu schädigen. Moderne LiPos zeigen im vollgeladenen Zustand eine hohe Spannungslage auch unter starker Belastung. Der Senstrol kann diese Spitze sowie den langsamen Leistungsabfall glätten und über die gesamte Flugdauer eine zwar geringfügig niedrigere, jedoch ausgeglichene Leistung bereit stellen. Umgekehrt ginge es genauso. Dem System sind mögliche Reserven bekannt, sodass auch eine Art Turboboostfunktion programmierbar ist. Einem Impellerantrieb könnte in der Startphase kurzzeitig mehr Leistung zur Verfügung gestellt werden. Denkbar wären auch Sicherheitsfeatures, bei dem der MasterSenstrol den Start nicht freigibt, weil beispielsweise eine Zelle auffällig ist. Oder das aufgrund gemessener, niedriger Umgebungstemperatur und damit kaltem LiPo nur 80 Prozent der eigentlichen Leistung beziehungsweise Kapazität abrufbar sind. Über eine Logfunktion, so ist es aktuell für Akkupacks über 12s geplant, lässt sich die Historie eines Akkus speichern und bei Bedarf auswerten. Potenziale Die Zusammenarbeit zwischen den Firmen Hacker und Jeti legt den Schluss nahe, dass erfasste Daten den Weg aus dem Modell aufs Senderdisplay finden. Telemetrie wird eine Rolle spielen. Noch steht aber nicht fest, in welchem Umfang und welche Daten übertragen werden sollen. In jedem Fall stellt diese Option einen weiteren Sicherheitsaspekt dar, der gewünscht ist. Sensorgesteuerte, sinuskommutierte Brushlessmotoren sind bei zahlreichen industriellen Anwendungen Alltag und keine bahnbrechende Neuheit. Die dort fortschreitende Miniaturisierung von Elektronik und Antriebskomponenten macht den Senstrol auch für die Industrie interessant. Die Firma Hacker plante in die Entwicklung aber auch einen weiteren Industriezweig mit Zukunft ein: manntragende Elektroflugzeuge. „Die MasterSenstrol-Technik bietet hier völlig neue Ansatzpunkte, die wir sicherlich aufgreifen und einsetzten werden“, so Rainer Hacker. Dort sind smarte Lösungen in Form leichter, leistungsstarker Motoren, wie sie die Sinuskommutierung gestattet, und die Sensortechnik sinnvoll ergänzt, gefragt. Ausblick Seit Kurzem befindet sich der Senstrol in der Betatestphase und ist bei einigen namhaften Piloten, unter anderem Elektrokunstflugass Wolfgang Matt im Einsatz. Sowohl die Programmierfeatures als auch die späteren Leistungsdaten sind noch nicht endgültig festgelegt. Erste Motoren mit Sensorik und erste LiPos mit einem neuen, auf den Senstrol angepassten Balancersystem entwachsen aktuell der Entwicklungsphase. Die Markteinführung ist für das erste Halbjahr 2012 vorgesehen. Lesen Sie den gesamten Artikel in der Ausgabe 02/2011 vom Elektroflug-Magazin. »Jetzt bestellen!