Airmeet 2010 – Flugshow der Superlative

Horizon Hobby hatte gerufen und die Stars sind gekommen. Die Liste der Piloten beim Horizon Airmeet 2010 in Donauwörth las sich wie das Who is who des Modellflugs. Quique Somenzini, Robert und Sebastian Fuchs, Marco Benincasa, Gernot Bruckmann, Karlheinz Ruf, Robert Sixt, Sascha Fliegener, Markus Rummer und Klaus Zöberlein, um nur einige der 60 Spitzenpiloten zu nennen. Für Horizon Hobby geht die Sonne auf. Wie sonst ließe sich erklären, dass das Airmeet in diesem Jahr zwar von etlichen Regentagen umzingelt war, selbst aber unbehelligt blieb. Ein ganzes Wochenende lang hellte die Sonne die Laune auf, so wie es sich für Festtage gehört. Denn das waren der 21. und 22. August 2010 in Südbayern ganz bestimmt. Zwei Tage gaben sich die Besten der Besten ein Stelldichein allererster Güte. Kunstflug vom Feinsten, schnelle Jets, heiße 3D-Heli-Action, wunderschöne Scale-Warbirds und vieles mehr wurde präsentiert. Weltstar Das Horizon Hobby-Team stellte eine Piloten- und Flugshow der Superlative auf die Beine. Für viele der mehreren tausend Besucher gehörte die atemberaubende Darbietung von Quique Somenzini sicher zu den Highlights. Der fünffache Sieger des legendären Tournament of Champions, kurz TOC, und vieler anderer hochdekorierter Wettbewerbe heizte mit seiner Flugshow die Stimmung auf. Als Arbeitsgerät entschied er sich für ein ARF-Modell und demonstrierte eindrucksvoll, was mit einem Kunst­flugdoppeldecker der Zwei-Meter-Klasse alles machbar ist. Es wäre auch merkwürdig gewesen, wenn gerade er nicht das Letzte aus der „Beast“ herausgeholt hätte – Somenzini selbst hat das Hangar 9-Baukastenmodell ­entworfen und konstruiert. Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus, dass er sein Können in Donauwörth würde zeigen können. Beim Start zum ersten Flug drehte sich ein Rad am Fahrwerk fest und sorgte nach vier Meter Anlaufstrecke für einen spektakulären Nasenstüber. Ein Raunen ging durch die Menge. Ja, auch Weltstars sind nicht vor den Tücken der Technik gefeit. Somenzini ließ sich nicht vom Malheur beeindrucken. „Für mich ist es eine große Freude und Ehre, dem deutschen Publikum beim Horizon Airmeet die Beast vorzufliegen. Gemeinsam mit meinen Kollegen von Horizon Hobby haben wir da eine Lösung gefunden“, meinte der sympathische Argentinier und zelebrierte wenig später mit der Beast 3D-Aerobatic auf Welt­niveau – dieses Engagement zeichnet einen Profi aus. Ziel erreicht Viel Engagement steckt auch in der F-16 Falcon von Jörg Rehm. Mit seinem brandneuen Elektro-Jet präsentierte er den Donauwörthern die Spitze des aktuell Machbaren bei Impeller-Modellen. Mit einer Spannweite von 1.600 Milli­meter (mm) und einer Länge von 2.470 mm wäre die Falcon unter den Kerosin-Fliegern Mittelklasse. Elektrofliegern bleibt da wiederum die Spucke weg. Hätte der Moderator nicht auf die gleich startende F-16 aufmerksam gemacht, wäre das Großmodell in seiner eigenen Geräuschkulisse untergegangen. Beinahe lautlos, nur begleitet von einem leisen Surren der Rotorschaufeln, hob der 15 Kilogramm (kg) leichte Impeller-Jet von der Startbahn ab. In puncto Geschwindigkeit und Flugeigenschaften zieht der E-Jet mit einem Turbinenmodell gleich. Einzig das fehlende Fauchen signalisierte den Modellfliegern im Publikum, dass hier ein Jet der Extraklasse pfeilschnell durch die Luft schoss. Die neue F-16 gliedert sich in eine Reihe von E-Jets ein, die Jörg Rehm konstruiert und gebaut hat. Er entwickelte beispielsweise die Impeller sowie Modelle Blade, Rafale und Panther für die Firma aero-naut. Sein aktuelles Werk ist eine konsequente Fortsetzung des Erreichbaren: „Mich reizt es einfach, alles anders zu machen als normal und das bis an die Grenze zu treiben. Die 120er-Impellergröße empfand ich als ausgereizt. Dann gehe ich eben eine Stufe höher, dachte ich mir, und baue größere Modelle, um in der richtigen Jet-Szene mitfliegen zu können“, so Jörg Rehm. Das Modell erlebte in Donauwörth seinen fünften und sechsten Flug. Alle Formen und Teile des Eigenbaus sind selbst hergestellt und entstanden in den letzten zwei Jahren. Der Impeller ist ein Turbofan 8000 von aero-naut und schafft im Stand knapp 16 kg Schub. Beim Motor vertraut er auf einen Lehner 30-60-10 mit 13 Windungen, der zirka 720 Umdrehungen in der Minute pro Volt schafft. Der Regler von Schulze Elektronik, ein 40-300, verkraftet bis zu 300 Ampere (A). Dem Flugakku, zwei mal 12s2p-LiPos mit 11.600 Milliamperestunden Kapazität von SLS, wird ein Spitzenstrom von 250 Ampere abverlangt. Beeindruckende Werte, die vier bis maximal sechs Minuten Flugzeit ermöglichen. „In der Größenordnung bin ich momentan wohl der Einzige. Aber die nächsten Modelle anderer Piloten sind bereits in Arbeit. Das kommt“, so Jörg Rehm. „Für diejenigen, die auf ihrem Flugplatz keine Turbine fliegen dürfen, ist das eine Alternative. Fliegerisch gibt es keine Unterschiede. Einziger Nachteil ist der, dass man nach dem Fliegen nicht einfach wieder auftanken und weiterfliegen kann. Das Laden der Akkus erfordert aber nur 45 Minuten, dann kann es wieder losgehen.“ Mr. Schock Richtig losgehen, das ist tiefgestapelt, wenn Markus Rummer die Funke in die Hand nimmt. Spektakulär wäre schon eine treffendere Bezeichnung für seinen Flugstil – reicht aber nicht aus. Natürlich kann Markus Rummer 3D-Fliegen, aber das wäre ja langweilig. In Donauwörth machte er mit einer Su-26 oder dem Beast das, was er am liebsten tut: Atem raubenden Speed-Kunstflug. „Es geht mir weniger um die Fliegerei, sondern um die Leute. Die muss man irgendwie schocken! Wenn es beim Messerflug oder bei der Powerrolle mal knapp wird, dann johlen die Leute und gehen bei der Fliegerei mit. Das ist einfach ein gutes Gefühl beim Fliegen“, sagt er mit bayrischem Akzent und einem schelmischen Lächeln im Gesicht. Das gute Gefühl holte er sich beim Donauwörther Publikum massenweise ab. Dieses bedankte sich artig mit zahlreichen Oohs und Aahs sowie viel Beifall, während der Show und nachdem seine Modelle heil den Weg zurück zum Boden gefunden haben. Hybrid Manntragende Fliegerei lässt sich im Modellflug durchaus wörtlich nehmen, dachte sich Leja Gerd und baute ein Modell im Maßstab 1:1. Aber keinen gewöhnlichen Flieger, denn das hätte Stress mit dem Ziel gegeben, unter 25 kg Abflug­gewicht zu bleiben. Leja Gerd ist für seine Nach­bauten von Motorgleitschirm-Modellen bekannt. In Donauwörth packte er einen 7,2 Meter spannenden Schirm aus, ent­tüdelte die Steuerleinen, platzierte eine 1,68 m große, lebensechte Pilotenpuppe auf dem Startgestell und setzte den Apparat in Bewegung. Hätte man es nicht besser gewusst, wäre man der perfekten Illusion erlegen. Seit 26 Jahren faszinieren Leja Gerd Motorgleitschirme, im Original sowie als Modell. Die Idee kam ihm 1984 bei einem Flugtag. Er fotografierte dort ein Original und baute es mit einer Spannweite von 3 m nach. „Der Entwurf flog auf Anhieb und so probiert ich immer größere Spann­weiten aus“, so Leja Gerd. Das Besondere an diesem Motorgleitschirm ist der Hybrid-Antrieb, der hier wohl zum allerersten Mal weltweit im Modellflug zum Einsatz kommt. „Hybrid ist bei Autos ein vieldiskutiertes Thema. Mich reizte die Vorstellung, dieses bei einem Motorgleit­schirm zu realisieren. Für die Dauerbelastung wäre der E-Motor aber auch zu schwach, daher noch der Verbrenner.“ Als Elektro-Motor entschied er sich für einen A80 von Hacker. Den Zugantrieb hingegen übernimmt ein 95er-King-Motor. Dank der gegenläufigen Propeller gleicht sich zudem das Drehmoment aus, was zur Steuerbarkeit des Modells beiträgt. Entscheidend ist aber auch die Schirm­größe, die sich am Gewicht der Person orientiert. „Je kleiner der Schirm ist, desto schneller und stabiler fliegt der Motorgleitschirm. Die Empfindlichkeit bei Böen ist geringer, als bei größeren Schirmen. Die Flächenbelastung des Modells entspricht dem eines Originals. Das Steuern selbst erfolgt über Seile, die auf Segelwinden aus dem Schiffsmodellbaubereich auf- und abgespult werden“, erklärt er. Auch wenn man es dem Modell nicht ansehen mag, aber es steckt eine Menge Knowhow drin. An dem war sogar schon das Fernsehen interessiert. Das dürfte dann wohl bald wegen des Hybridantriebs wieder bei ihm anfragen. Fantastische Vier Bühnenreif präsentierte sich auch das Team Italia mit ihren vier Nieuports. Die im Maßstab 1:2 gebauten Modelle von Erste-Weltkriegs-Doppeldeckern boten eine eindrucksvolle Show. „Formationsfliegen ist etwas fürs Auge. Und dann auch noch mit Oldtimern, das finden wir vier einfach schön“, erklärt Piero Steri vom Team Italia. „Heutzutage sieht man doch fast nur noch 3D-Kunstflug und Jets. Viele Modellflieger bauen auch nicht mehr. Dem wollten wir etwas entgegen setzen“, führt er fort. Bei einem Flugtag 1993 in Hameln ist er mit seinem Bruder Massimo und anderen gemeinsam Formation geflogen. Damals noch mit der Tiger Moth von Toni Clark. „Das war so ein geiler Flug, das müssen wir viel öfter machen, dachten wir uns damals. Daraus entstand dann das Team Italia.“ Zu dem gehören auch Heiner Wintermann und Klaus Fichen. Mit 4,5 m Spannweite sind die Nieuport 17 zwar recht groß, aber dank konsequenter Leichtbauweise blieb das Gewicht jedes Modells unter der 25-Kilo-Grenze. Andert­halb Jahre Zeit investierten die vier Piloten in den Bau aller Modelle. Die arbeitsteilige Vorgehensweise machte es möglich. Ihre Erfahrungen im Bau von Formationsmodellen führten dazu, dass alle vier Nieuports auf Anhieb sehr gut flogen. „Uns war wichtig, perfekt aufeinander abgestimmte Modelle zu bauen, die langsam fliegen. Daher dreht der Motor den Propeller über ein Getriebe, was eine Mindest­geschwindigkeit von 17 Kilometer in der Stunde erlaubt. Das ist absolut vorbildgetreu“, schwärmt Piero Steri. Wird dann noch der Smoker eingeschaltet, ist die Präsentation perfekt. Modellgröße und -geschwindigkeit vermitteln den Eindruck, einer Veteranenshow beizuwohnen. Da hat Horizon Hobby dem Publikum ein Schmankerl geboten. Applaus Zwar bekam das Publikum am Sonntag die gleiche Flugshow wie am Tag zuvor geboten. Den krönenden Abschluss, der das Airmeet zum perfekten Erlebnis werden ließ, den gab es jedoch nur Samstagabend. Anderthalb Stunden lang verzauberten Sascha Fliegener, Robert Sixt, Markus Rummer, Klaus Zöberlein, Karheinz Ruf und viele weitere Piloten das Publikum mit einer fantastischen Nachtflugshow. Kunstflug mit einem hell erleuchteten Flächenmodell oder Heli einschließlich Feuerwerk und untermalt von stimmungsvoller Musik sorgten für viel Applaus. Gänsehautfeeling kam auf, als Karlheinz Ruf mitten im Flug zunächst die Beleuchtung seines Modells und dann auch noch den Verbrenner ausschaltete. Licht einschalten und zu einer perfekten Punktlandung ansetzen – grandios. Das zu toppen, hatte sich wohl Klaus Zöberlein zum Ziel gesetzt. Nur Millimeter trennten den Asphalt und die Rotorblätter seines Helis bei den rasanten Über­schlägen, mit denen er beim Publikum für tosenden Beifall sorgte und zugleich einen glanzvollen Schluss­punkt an einem Tag der Superlative setzte.